Australien: Der Südosten
Fünfter Reisebericht: “Der grüne Südosten” - South Australia, Victoria und New South
Wales – 02. Okt. 2007 bis 19. Okt. 2007
Port Augusta – Adelaide – Renmark – Swan Hill – Melbourne – Lake Entrance – Canberra- Sydney – Canberra –
Mt. Kosciuszko National Park – Stratford-on-Avon –Melbourne
Annette geht es noch nicht richtig gut, aber besser, so dass wir Port Augusta verlassen können.
Weder dieses Hafenstädtchen noch dieser Campingplatz sind ideal für uns für einen längeren Aufenthalt.
Bevor es auf die Straße geht, noch kurz in die Stadtbücherei – eMails checken. Wenn es einen Preis für
Kundenorientierung geben würde, der junge Mann in der Bücherei hätte ihn wirklich verdient. So eine
zuvorkommende Behandlung hatten wir lange nicht mehr, dabei sind die Australier wirklich sehr freundlich –
zumindest waren sie das im Norden. Ab Port Augusta machen wir hier im Süden doch recht häufig
entgegengesetzte Erfahrungen.
In der Zeitungsauslage der Bücherei steht die neueste Ausgabe des National Graphic mit einer
“Pakistan-Titelseite”. Wir bekommen den Artikel freundlicherweise kopiert. Wir verstehen zwar nicht alles,
aber es scheint im Moment ziemlich dort zu kriseln. Naja, dauert ja noch bis wir einreisen wollen!
Wir fahren ziemlich direkt auf großer Straße nach Adelaide, der ersten “richtigen” Stadt seit Brisbane,
zumindest was die Einwohnerzahl angeht.
Adelaide
- Lights Vision (South Australia)
Die meisten Einwohner des Staates South Australia leben in Adelaide – über eine Million. Ich (Annette)
ordne Adelaide von Aufbau und Art als “kleine Schwester” von Melbbourne für mich ein, wobei ich betone,
dass wir uns für einen Adelaide Schnellüberblick nur einen Tag Zeit genommen haben. Adelaide liegt direkt am Meer.
Das von seinem Gründer William Light “erdachte” schachbrettartige kompakte Zentrum ist umgeben von den
Vororten und dem innerstädtischen Flughafen. Wie bei allen australischen Städten sind die Gebäude eine
Mischung aus Moderne und historischen Gebäuden.
Der botanische Garten hat mir gefallen und die Central Markets haben mich begeistert, aber das liegt
in der Natur der Sache und ist bei mir auch wahrlich nicht schwer.
Die Markets in Adelaide sind eine Mischung aus Obst-, Salat- und Gemüseständen, eingelegten Delikatessen,
gekochten Köstlichkeiten aller nationaler Couleur, Cafes, Imbisstuben, Massagebereiche, Kleiderverkaufsständen,
Hutständen, indischen Deckenständen, Nuss- und gerösteten Samenständen usw. usw. –
also hier kann man praktisch alles kaufen. Und zu Preisen, die z.T. sehr deutlich unter denen liegen,
die eine große Warenhauskette direkt nebenan veranschlagt. Wieso diese dort noch existiert und vor allem
völlig überlaufen ist, verstehen wir wirklich nicht. Wir haben uns auf jeden Fall mit allen Köstlichkeiten
dieser Märkte eingedeckt und uns dann mitten im Zentrum auf grünen Wiesen niedergelassen und geschmaust.
Am nächsten Tag brechen wir Richtung Ostküste auf. Wir wollen zuerst nach Melbourne um endlich unser
ungelöstes Reifenproblem in trockene Tücher zu bringen.
Da es abends und nachts doch recht kühl ist (Frühlingsanfang) beschließen wir “quer durchs Land”
Richtung Melbourne zu fahren und uns die Küste für die Rückfahrt aufzuheben. Durch die Adelaide Hills
geht es Richtung Nordosten. Nach der langen Zeit im staubigen Outback kommt es uns hier paradiesisch vor:
Grüne Hügel, Blumenwiesen, alte Baumriesen-Alleen, verschlafene kleine Orte, eine Motorradsammlung,
die nicht im Reiseführer steht und Kurven (das sind die Dinger, bei denen sich die Richtung auf der
Straße ändert – erinnern wir uns…). Jetzt weiß ich auch wieder, wofür die Bremsen an der Ente sind.
So genießen wir ca. 150 km kurvige kleine Straße durch das Barossa Valley, schauen Wein-Faßmachern
beim geschickten “Rangieren” ihrer Fässer zu.
Das Ganze immer 300 – 400 m hoch. Dann geht es plötzlich ein paar km straight bergab und der Staub hat uns wieder.
Als wenn man durch ein Tür geht. Der Regen bleibt an den “Hügeln” hängen – für das restliche Land dahinter bleibt
offensichtlich nicht wirklich Wasser übrig – die Dürre mit ihrer grauen dürftigen Vegetation hat uns wieder.
Es geht ca. 160 km durch diese Landschaft bis wir am Murray River stehen, der sich tief ins Land eingefressen hat.
Eine kleine Fähre bringt und sofort (!) und umsonst (!) ans andere Ufer.
In Renmark finden wir einen sehr schönen Campingplatz am Fluß. Nette Leute – wir sind halt wieder auf
dem Land. Neben uns campt ein Paar mit zwei “heißen” Mountain Bikes. Im vorderen Rahmendreieck
sitzt jeweils ein 70 cm³ Motor, der über eine Kette mit dem hinteren Ritzel verbunden ist. Leider
habe ich abends kein Foto gemacht, wir waren zu abgelenkt von der Tatsache, dass sich eine Zeltseite
nicht mehr schließen ließ. Ausgerechnet in einer Region, in der es in der Dämmerung von Mücken nur so wimmelte.
Annette ist noch losgezogen Nadeln und Garn zu kaufen, um das Zelt zuzunähen, aber den Eingang in der
einbrechenden Dämmerung zu nähen hätte mehr Mücken ins Zelt geholt – abbauen wollten wir es dann doch
nicht mehr – und haben Sie schon mal draußen im kalten Dunkeln mit Kopflampe genäht?. Wir haben letztlich
einfach die Abside untergeschlagen und mit Wäscheklammern festgesteckt.
Am nächsten Morgen folgen wir dem Murray River. Rechts und links Obstplantagen und “Weinberge”
Alles direkt aus dem Fluß bewässert. Hier hat jeder (!) einzelne Rebstock seine eigene Bewässerung.
Probleme haben nur die, die am Ende “sitzen” und der Fluß nicht mehr genug Wasser hat. In dem Bereich,
den wir gesehen haben, wird auf jeden Fall massiv angezapft und alles direkt Bewässerte
gedeiht üppig – direkt daneben Dürre.
In Swan Hill gibt es – nach eisiger Nacht - sonntagsmorgens für alle Pfannekuchen – umsonst vom Manager
des Platzes zubereitet – eine Tradition auf einigen Big4-Campingplätzen. Als wir starten habe ich keine
Lust zu tanken, der nächste Ort kommt ja gleich… Im Norden haben wir fast an jeder Tanke die Ente an
die Krippe geführt, falls die nächste geschlossen gewesen wäre, hätten wir ein Problem kriegen können.
Hier unten im Süden mache ich mir diese Gedanken nicht. Es sind ja viele Orte an unserem Weg auf der
Karte eingetragen… Irgendwann jedoch schalte ich auch die zweite Tankhälfte auf Reserve, jetzt wird
es eng. Das reicht normalerweise für ca. 40 km. Auf dem Schild stehen aber 75 km. Diese Orte auf der
Karte erweisen sich als weit abseits der Straße liegende Einzelgehöfte und winzige Hausansammlungen,
natürlich ohne Tankstellen. Ok, mit etwas erhöhter Leerlaufdrehzahl tuckern wir über die
Landstraße – sprich: langsam am Straßenrand entlang rollend feuern wir die Ente km um km an,
nur noch einen weiteren durchzuhalten, dafür gäbe es auch gleich Extra-Sonntagsfutter. An der
Zapfsäule tanken wir dann 37,9 Liter in unseren 38 l Tank. Seitdem tanken wir wieder häufiger.
Melbourne (Victoria)
Victoria ist der zweitkleinste Bundesstaat und in Melbourne –wieder direkt am Meer – leben über drei Millionen Menschen.
Wir waren drei mal in Melbourne, aber zum wirklichen Sightseeing haben wir uns, na ja, wenn es hoch
kommt, nur zwei Tage Zeit genommen. Die restliche Zeit war ausgefüllt mit Organisatorischem, Planendem
und zu Erledigendem. Dabei haben wir Melbourne recht gut kennen gelernt und ich persönlich (Annette)
mag diese Stadt. Sie bietet ungeheuere Vielfalt und ist einfach praktisch – abgesehen von den zu
Stosszeiten verstopften Anfahrtswegen in die City.
Die Märkte hier sind ebenfalls klasse, der Royal Botanic Garden in seiner komplexen und
kompakten Vielfältigkeit wirklich hinreissend. Leider leidet auch er unter der Dürre und
bis 2015 müssen 25% des Wasserkontingentes eingespart werden. Man versucht das dort über
extensive Mulchung, geringere Sprengung der Rasenflächen und zukünftige Anpflanzung eher
wasserminderbedürftiger Pflanzen auszugleichen.
Das Zentrum Melbournes ist ähnlich wie das Adelaides schachbrettartig und kompakt angeordnet
mit einer Mischung aus modernen und vielen alten viktorianischen Bauten
Die langen Straßen ins Zentrum hinein reihen ein kleines Geschäft ans andere in komplett bunter
Mischung. Da liegt der Hairdresser, der afro-Look anbietet neben Real Estates und Reifenhändler,
der wieder neben indischem Schnellimbiss und “Alles für die Braut”, dann kommt türkisches Kebab,
eine kleine Kirche, dann das Röntgencenter. Wir fragen uns immer wieder, wie alles diese kleinen
Geschäfte und Essbuden überleben.
Das Transportsystem in Melbourne ist ebenfalls klasse: Busse, Bahnen und Trams verkehren in Massen,
die historische kleine Tram, die immer rund ums rechteckige Zentrum fährt ist sogar kostenlos,
ebenso umsonst ist der Sightseeing-Bus, der über 50 Min. etliche Sehenswürigkeiten über Lautsprecher
kommentiert abfährt und an etlichen Haltestellen immer wieder ermöglicht, aus- oder zuzusteigen. Super Service!
“Die Sache mit dem Zelt” oder “Man muss nicht alles verstehen.”
Seit Alice Springs funktionieren die inneren Reißverschlüsse der beiden Zelteingänge
(die, die das Getier am Eindringen hindern) immer hakeliger. Ab Renmark geht eine Seite gar nicht
mehr zu, die andere nur mit sehr viel Geduld. Toll! Nach etwa 10 Wochen Benutzung bei einem Wert von
ca. 400,- Euro. Wir fluchen und denken an Ralf und unser Hilleberg-Zelt zuhause. In Australien scheint
auch niemand die Zeltmarke Vaude zu kennen. In Melbourne im zweiten Outdoor-Laden haben wir Glück. Der
Mann kennt Vaude, erzählt etwas vom “Austausch von Zippern”, einer Firma “Remote” in Melbourne,
“Garantieansprüchen” und überhaupt “Vaude sei doch klasse”. Leider alles viel zu schnell und sehr
australisch abkürzend für uns, aber immerhin bekommen wir auf einem Zettelchen eine
Wegbeschreibung zur Firma Remote.
Abends – in Deutschland also morgens – telefoniert Annette mit Ergo in Wiesbaden, wo wir dieses Zelt
gekauft haben. Verständnisvolle Anteilnahme, der Chef ist leider in Urlaub, wir sollen in einer halben
Stunde nochmal anrufen. Beim zweiten Anruf dann: Der normale Weg sei halt der, dass zuerst Ergo das Zelt
vorliegen müsse, die es dann an Vaude schickt, die entscheiden, ob wir selbst schuld sind (Benutzerfehler)
oder ob es ein Materialfehler sei. Da dieser Weg nicht gangbar ist –wo sollten wir über Wochen wohnen?
– kommt u.a. der Vorschlag, uns bei Vaude in Ballina selbst ein neues Innenzelt zu kaufen und dafür
in Vorlage zu treten. Sollte ein Garantierfall vorgelegen haben, würde Ergo uns die Kosten dann im
nächsten Jahr in Deutschland erstatten. Nun – Ballina liegt an der Ostküste unterhalb von Brisbane,
tausende Kilometer von uns entfernt (wohlgemerkt auf dem Weg dorthin immer mit offenem Zelt nachts…).
Zwar wollen wir eh nach Sydney, aber auch von dort sind es noch bestimmt 600 bis 800 km nordwärts.
Ein unverhältnismäßig hoher Kosten- und Zeitaufwand für ein kaputtes Zelt, den uns niemand erstatten würde,
zudem noch nicht mal sicher ist, dass überhaupt jemals auf Materialfehler erkannt wird… Apropos – hätten
SIE nach 30-jähriger Zeltbenutzungs-Erfahrung nicht auch den Eindruck, die Kunst des
Reißverschlussöffnens und –schließens zu beherrschen?
Also das hört sich zu dem Zeitpunkt für uns nicht so an, als könne man uns schnell und unproblematisch
helfen, zumal die nette Anprechpartnerin bei Ergo bereits mit dem Zuständigen bei Vaude gesprochen
hatte und dieser auch keine weiteren Vorschläge hatte. Wir sollen es doch lieber selbst direkt bei
Vaude Deutschland in der Reklamationsabteilung versuchen. Was wir tun. Der zuständige Herr dort schlägt
Reparatur vor- was uns sehr entgegenkommt (Remote) – und will sich mit der für Vaude-Australien
zuständigen Dame in Verbindung setzen. Das greift natürlich alles erst am nächsten Tag. Wir sind
ziemlich entnervt. Morgens um 9 Uhr stehen wir bei Remote an der Ladentheke. Ja, die Reißverschlüsse
sind in Ordnung, die Zipper müssen getauscht werden. Bis wann? Ähem, heute – wir wohnen drin. Ok,
also 35 Dollar Expresszuschlag drauf, macht alles zusammen 95 Dollar. Wir sind begeistert, wenn es
nur dann auch wieder funktioniert!
Die nächsten 30 Sekunden können wir bis heute nicht richtig deuten:
Hat unser Gegenüber von Remote jemanden angerufen oder wurde er angerufen?
Auf jeden Fall erkennen wir unsere Zeltgeschichte, wie wir sie eben besprochen haben,
bei diesem Gespräch wieder. Der Remote-Zeltreparierer hat gerade mit Vaude Australien
abgeklärt, dass sie die Reparaturkosten übernehmen. So einfach kann’s gehen! Die beiden
neuen Zipper laufen prima. Hoffentlich halten die nicht ausgetauschten…Ach ja, die zuständige
Kontaktfrau in Deutschland für Vaude in Australien hatte uns mittlerweile den australischen
Ansprechpartner gemailt und uns gebeten, uns dorthin zu wenden und Ergo mailte uns wie versprochen
unsere Rechnung und sicherte uns nochmalig evtl. Kostenübernahme nach Kontakt Vaude Australien zu.
Fazit: nachdem wir zunächst den Eindruck hatten, selber schuld zu sein und in dieser ungewöhlichen
Konstellation alleine im Regen zu stehen, hat sich letztendlich – nicht zuletzt durch den freundlichen
Tipp des Outdoorladenbesitzers
www.freedomcamping.com.au
und der routinierten Handhabung durch
den Remotemann alles glücklicherweise sehr schnell in Wohlgefallen aufgelöst.
www.remoterepairs.com.au
– Repairs and alterations to outdoor equipment and clothing.
Reifengeschichten
Ich rufe bei der Firma an, die angeblich 155er Reifen bekommen soll und die aber bestimmt 145er Reifen
auf Lager hat. Die wissen nur leider nichts von 155ern, die 145er könnten sie aber besorgen.
Hat der freundliche Helfer in Alice Springs den Mund zu voll genommen oder haben wir etwas falsch verstanden?
Die zweite “sichere” Telefonnummer scheint es nicht mehr zu geben, auf jeden Fall geht keiner ran.
Letzte Chance: Annette hatte zuhause die Adresse von “Antique Tires” in Heidelberg (Stadtteil von Melbourne)
ausfindig gemacht. “Nein, “Vredestein” sind ausverkauft, aber wir haben vier 155er Goodricht auf Lager.”
Es gibt also doch welche…, auf nach Heidelberg. Der Preis ist mit 149 Dollar pro Reifen heftig, aber sie passen!
Wir lassen einen auf die Hinterradfelge montieren und verabreden, dass die drei anderen nach Perth geschickt
werden. Somit sollte, wenn nicht noch etwas Böses passiert, dass 155er Reifenproblem bis zur türkischen Grenze
gelöst sein. In der Stadt lassen wir dann noch einen neuen Vorderradreifen aufziehen (der Meffo hat 20.000 km!) –
anders als wir gelesen hatten, scheinen 18 Zoll Reifen kein Problem zu sein.
Motorradfahrer wie Sand am Meer
Als wir Melbourne zum ersten Mal wieder verlassen, nehmen wir nicht die Autobahn, sondern
quälen uns durch nicht enden wollende langweilige Vororte. Eigentlich wollten wir schnell nach Canberra.
Ich finde die Landschaft langweilig, Annette will näher an die Berge.
So tuckern wir über kleine Straßen im Zickzack-Kurs Richtung Osten. Am späten Nachmittag hat Annette
ein Einsehen und wir fahren auf einer großen Landstraße Richtung Lake Entrance.
Wir sehen sehr viele Motorradfahrer und wundern uns, denn die sind in Australien eher selten.
In Lake Entrance haben wir Schwierigkeiten, einen Zeltplatz zu finden, da hier Hochbetrieb herrscht
und alles voll mit Motorradfahrern ist. Abends erfahren wir dann, dass die “Australier” vor zwei
Wochen Motorrad-Weltmeister geworden sind und der letzte Grand Prix – Lauf auf Phillip Island
statt finden wird. Offensichtlich sind deshalb alle australischen Motorradfahrer hier unten.
Die Etappe nach Canberra soll laut ADAC-Reiseführer nur durch öde Graslandschaft führen.
Umso mehr freut uns, als wir zunächst bei blauem Himmel durch ein wunderschönes Tal fahren.
Die Strecke hätte zuhause auf den Landkarten eine grüne Markierung für “besonders reizvoll” bekommen.
Nach ca. 60 km geht es auf 700 – 1000 m Höhe hinauf und uns bläst ein kalter Wind ins Gesicht.
Nicht so doll ! Aus der Ferne sehen wir die letzten Schneereste auf den Gipfeln der Blue Mountains,
wir sind in Australiens einzigem Ski-Gebiet. Vor zwei Wochen waren hier noch die Lifte in Betrieb.
Canberra (Australian Capital Territory)
Canberra mit über 300.000 Einwohnern existiert seit ca. 100 Jahren und wurde “auf dem Reißbrett”
mitten in der Natur als Hauptstadt von Australien zwischen den beiden um diesen Posten
konkurrierenden Städten Melbourne und Sydney sozusagen frisch installiert. Mir persönlich
gefällt Canberra als Stadt spontan überhaupt nicht – allerdings haben wir uns auch hier nur
sehr kurz aufgehalten und der Eindruck ist möglicherweise sehr verzerrt. Canberra erschien mir
langwierig, mit extrem langen und breiten Wegen, auf denen sich aber nichts abspielt, umständlich,
eigenbrötlerisch, unübersichtlich, langweilig. Ich habe dieser Stadt nichts abgewinnen können,
sie schien mir keine typische eigene Atmosphäre zu haben (was natürlich schon wieder als typisch
bezeichenbar ist :-). Die Vororte mögen ihr Eigenleben entwickelt haben, wir waren dort nicht.
Und der in New South Wales für Nationalparks Zuständige lebt mit seiner Familie in Canberra und
hat uns begeistert erzählt, dass es sich mit Familie dort sehr gut leben lässt. Viel Natur, gute
Luft, Arbeit, alles, was man braucht zur Hand, die Blue Mountains in der Nähe und Sydney und der
Strand nur 200 km entfernt. Da hat er natürlich recht!
Pakistanisches Visum in Canberra
Das Visum für Indien haben wir bereits, das pakistanische und das iranische fehlen uns
noch. Wir waren extra nach Frankfurt gefahren, doch während die indische Botschaft sich
verständnisvoll zeigte, erklärte man uns in der pakistanischen, dass Visa nicht früher
als drei Monate vor der Einreise ausgestellt werden. Und dann sind wir in Asien… und müssten
es im Riesenmoloch und smogschwarzen Bangkok beantragen. Diane und Hayden haben ihr Visum bereits
und bringen uns auf die Idee es in Canberra zu versuchen.
Als wir abends in Canberra ankommen, suchen wir als Erstes die Pakistanische Botschaft,
die leider nicht im “Botschaftsviertel” rund um das Parlamentsgebäude liegt, um am nächsten
Morgen keine Zeit zu verlieren. Als wir die Botschaft endlich gefunden haben – Canberra ist
absolut unpraktisch organisiert mit ewig langen Wegen zwischen den einzelnen Stadtteilen –
beginnt es heftig zu regnen. Ein Vorzeichen ? Der Campingplatz scheint auf einer Regenscheide
zu liegen, hier regnet es nur noch sporadisch, während wir die Wolken am Hügel abregnen sehen.
Morgens kurz nach 9 Uhr lange Gesichter. Wir hatten die Botschaft abends zwar lokalisiert,
waren aber nicht den Hügel bis zur Eingangstür hochmarschiert. Wir stehen Arm in Arm und
lesen: “Die Botschaft ist Freitag und Montag wegen … geschlossen. TOLL !!
Also auf nach Sydney!
Über kleine Straßen fahren wir durch schöne ruhige Landschaften. Leider vergessen
wir dabei ein wenig die Zeit und verfransen uns im Regen und in der Dämmerung im Abendverkehr
in den ausgedehnten südliclhen Strandvororten von Sydney. Campingplatz Fehlanzeige. Ich komme
auf die glorreiche Idee, es in einem National Park an der Küste zu versuchen. Wir schlängeln
uns also im Halbdunkel auf kleinsten Straßen bergauf und bergab – durch den Regenwald. Leider
ist campen hier nicht erlaubt. Nach langem Suchen bei Einbruch der Dunkelheit dann endlich ein
Campingplatz zwischen Hauptstraße und Bahnlinie – eigentlich nur für Caravans. Die Züge und der
Verkehr lärmen die ganze Nacht – da helfen auch keine Ohrstöpsel, so dick sind Zeltwände nicht.
Sydney (New South Wales)
New South Wales ist der bevölkerungsreichste Bundesstaat Australiens und Sydney mit mehr
als 4 Millionen Einwohnern noch größer als Melbourne.
Wir campen mitten in der Stadt und brauchen doch ungefähr eine Stunde um mit der Bahn
ins Zentrum direkt am Meer zu fahren.
Das Tagesticket für Busse, Bahnen, Fähren kostet ca. 15 Dollar pro Person. Die öffentlichen
Transportmittel sind genial, die Bahnen, Busse und Fähren fahren die Hauptsehenswürdigkeiten an.
In dieser Stadt fällt uns zum ersten Mal bewusst Dreck auf und massenweise besprayte Wände.
Überall werden kostenhohe Strafen angedroht, trotzdem scheint sich keiner an Anordnungen zu
halten. Klar der “Darling Harbour”, die “Rocks” und das “Businessviertel” sind blankpoliert,
aber auch hier fällt uns ein anderes Umgehen miteinander auf.
Was wir im Süden im völligen Kontrast zum Norden generell wahrgenommen haben, ist die
Konzentration der Menschen eher auf sich und die Erfüllung ihrer eigenen Bedürfnisse,
die geringere Offenheit und Freundlichkeit gegenüber anderen , scheint uns in Sydney
noch deutlicher ausgeprägt. Sydney ist irgendwie anders. Mit Sicherheit ist Sydney sehens-
und erlebenswert! Unsere 1,5 Tage waren viel zu kurz. Ich habe sie sehr genossen!!
Zurück in Canberra
Auf der Rückfahrt nach Canberra lassen wir schöne Landschaft schöne Landschaft sein und
fahren auf einer autobahnähnlichen Straße direkt durch. Am nächsten Morgen stehen wir wieder
vor der pakistanischen Botschaft. Geöffnet! Freundliche Begrüßung, aber dann: “Wir stellen
hier nur Visa für australische Staatsbürger aus.” “Aber wir können doch für unser Visum
nicht zurück nach Deutschland…” “Ach Deutschland, I’ll ask, bitte nehmen Sie Platz, es
kommt gleich jemand zu Ihnen.”
Kurz darauf erscheint ein freundlicher Herr, nimmt unsere ausgefüllten Visa-Anträge
in Empfang und hört sich unsere Geschichte an. Ob wir unsere Reiseroute für ihn aufschreiben
könnten? Wir sind vorbereitet, als spätesten Einreisetermin hatten wir den 25.April 2008
in unsere Anträge geschrieben.
Annette plaudert mit ihm und ich schreibe unsere Reiseroute auf. “Wie lange wir in Canberra bleiben?”
“Also, so lange, wie es dauert, das Visum zu bekommen…” “Und wie wollen Sie bezahlen?”
“Entweder in bar oder mit Karte.” Laut Homepage sind beide Bezahlarten nicht möglich,
deshalb hatten wir mit der ANZ vorab schon abgeklärt, dass wir für 10 Dollar einen Bank-Scheck
bei ihnen erwerben könnten.
Der Botschaftsangestellte geht mit unseren Pässen weg. Zehn Minuten später erscheint er
wieder mit einem Formular für die Kreditkartenzahlung und erklärt uns das Visum sei kein
Problem: Kosten pro Person 60 austral. Dollar – Einreise nur bis zum 15. April 2008 –
also genau sechs Monate ab Antragsdatum – ob das ok sei? Ja? Dann sollen wir in zwei Stunden
wieder kommen. Nach zwei Stunden haben wir unsere Pässe mit den Visa für drei Monate
Pakistanaufenthalt in den Händen. War ganz einfach – und was habe ich mir vorher für Gedanken gemacht!
Nachdem das so problemlos gelaufen ist, wollen wir nun noch eben die Fähre nach
Tasmanien buchen und uns dann endlich Canberra anschauen.
Wir fahren also als erstes ins Visitor Center, da kann man normalerweise auch buchen.
Nur hier – in der Hauptstadt – geht das nicht, wir müssen in ein Reisebüro. Die nette
Frau gibt uns auch eine Adresse, sollte also kein Problem sein. Wir fahren also zurück
in die Innenstadt und finden auch die angegebene Adresse. Nur gibt es hier leider keine
Reisebüro. Wir sind in der Hauptstadt Australens, da kann es wohl kein Problem sein,
ein Reisebüro zu finden, denken wir uns und gehen in Richtung Fußgängerzone. Wir fragen
die Passanten, die uns ins Flight Center, Geschäfte und sonst wohin schicken. Reisen
die Canberraner nicht ? Den nächsten Versuch starten wir in einem riesigen
Einkaufszentrum mit drei Etagen und kilometerlangen Gängen. Am Informationsschalter
drückt man uns einen Lageplan mit einem Kreuz in die Hand. Nach insgesamt zweieinhalb
Stunden haben wir tatsächlich dann ein Reisebüro gefunden, das in der Lage
ist unserer Tickets zu buchen.
Unsere Laune ist nicht besonders und so beschränken wir die Besichtigungstour am
mittlerweile späten Nachmittag auf das Parlamentsgebäude.
Auch hier, wie schon in der ganzen Stadt, riesig groß und ohne Seele.
Durch die Blue Mountains zurück nach Melbourne
Die Rückfahrt nach Melbourne führt uns durch die Höhen der Blue Mountains.
Ist ja nachts auch gar nicht kalt in 1000 m Höhe… Außerdem geht die Fahrt auf einer
Schotterpiste durch den Mt. Kosciuszko National Park. Die Ski-Orte dort sind nicht so toll,
dafür ist der National Park um so besser. Tolle Ausblicke und wunderschöne unberührte
Waldlandschaften. Wir machen früh Schluss und genießen die Natur.
Abends sitzen wir auch wieder mal am Lagerfeuer – kalt genung ist es dafür – und
bekommen Besuch von zwei Motorradfahrern, von denen einer mit für die Nationalparks
in New South Wales zuständig ist und uns sofort gute Tipps für Tasmanien gibt.
Am nächsten Tag schaffen wir es zwar nicht wie geplant nach Melbourne, dafür ist
die Schotterpiste im National Park zu lang und unsere Foto-Stopps zu häufig – dafür
haben wir das Glück einen wirklich mit viel Vernunft und Liebe zum Detail eingerichteten
und geführten Campingplatz in Stratford-on-Avon genießen zu können. Vom herzlichen
Empfang über den Plastiktütenspender für Hundekot bis zur komplett eingericheten
Camp-Küche mit Kamin, Mikrowelle, Barbeque-Bereich und Terrasse ist wirklich an
ALLES gedacht – und das für ein Drittel weniger als in Melbourne.
Am nächsten Samstagabend brechen wir nach Tasmanien auf. Alle haben uns
von dieser Insel im Südosten vorgeschwärmt. Allerdings ist sie sehr grün,
liegt nah an der Antarktis und es ist dort erst der zweite Frühlingsmonat.
Hoffentlich hält das schöne Wetter und passable Temperaturen!
Drückt uns die Daumen !!!